B R I E F ..D E R. ..K A I S E R I N ... - ... H I N T E R G R U N D
Hochfürstliche Mitteilungen zum Staatsgemälde
Die Kaiserliche Familie auf der Schönbrunner Schlossterrasse
Fiktiver Brief Maria Theresias
Ecce!
Schaut her, wir sind die Kaiserliche Familie.
Also, die stattliche Person rechts im Bild, das bin ich, Maria Theresia.
Was für einen Sinn das macht, in dem von mir in Auftrag gegebenen Bild meines Hofmalers Meytens scheinbar nur am Rande zu sitzen, davon später!
Ich nenne mich auch Kaiserin, ich führe den Titel aber als Gemahlin des „Römisch-Deutschen Kaisers“. Franz Stefan ist mein Mann, links im Bild. Meine Eltern haben ihn...
Die Kaiserliche Familie auf der Schönbrunner Schlossterrasse,
Wien 1750-56, Martin van Meytens, Hofmaler
Den Brief habe ich verfasst, um in moderat alter sprachlicher Form etwas Zeitgeist in das Studium zu bringen und Interesse zu wecken, sich mit der Persönlichkeit der Kaiserin zu beschäftigen. Für einige Leserinnen und Leser war es tatsächlich zunächst unklar, ob Maria Theresia wirklich einen solchen Brief geschrieben hat. Das Rätseln animiert dazu, einige Passagen mehrfach zu lesen. Solche Redundanzen und auch solche, die sich durch Wiederholungen im Brief selbst ergeben, sind gewollt. In der Website, im Kapitel "Wissen zeigen" habe ich das erläutert.
Der Brief wird vorgelesen, langsam!
Alle Schülerinnen und Schüler erhalten den Brief mit dem Heft "Mozart on tour". Sie können also mitlesen. Er ist ja eines der zentralen Materialstücke, um sich in die Mozartzeit hineinzuversetzen und diese etwas zu verstehen. Vom Brief aus lassen sich zahlreiche Fragen stellen. Ich hoffe, dass der Wunsch entsteht, Antworten selbst zu ermitteln. Ermitteln im Sinne des Detektivischen Denkens.
Hierbei spielen die zahlreichen Bilddokumente in der Wissensreise eine zentrale Rolle. Bilder sind wie Schriftstücke als Texte eingestellt. Es gilt, sie zu lesen, Details zu betrachten, Strukturen heraus zu finden, Informationen und Wissen über die Zeit zu sammeln und in das eigene, vorhandene Wissen einzubauen.
Bilder vermitteln oft einen zunächst noch offenen, auch vagen Zugang. Der Brief selbst ist sprachlich bildorientiert abgefasst. Er kann durchaus ein Muster sein auch für andere Bildbetrachtungen und Untersuchungen. In z. B. einen Bericht "eingepackt" lässt sich das Gemälde "Mozart spielt der Kaiserin vor" sehr ertragreich beschreiben und analysieren. Dann sollte vorab der Film "Amadeus" gemeinsam angeschaut und besprochen worden sein. Der Film lebt durch die schönen Bilder aus der Zeit, die er in Szenen und Sequenzen anschaulich und dicht im Bezug auf die Lebensbedingungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts vermittelt, also ein sehr eindrucksvoller Einblick in das Leben zur Zeit Mozarts.
Umgekehrt gedacht, der Blick auf den Brief von außen. Mehrere Materialstücke der Wissensreise beziehen sich direkt auf das Schriftstück. In ihm lässt sich nachlesen. Was bedeutet Pragmatische Sanktion? Warum ist die Heiratspolitik eines Herrscherhauses so überaus wichtig? Die Reisenden können auf eine Spur gebracht werden, um komplizierten Zusammenhängen nachzugehen. Die Geschichte Deutschlands im 18. Jahrhundert ist sehr schwer zu verstehen. Unter anderem deshalb, weil das Gebilde "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation" so wenig fassbar ist und zugleich die heutige Trennung in die beiden Staaten Deutschland und Österreich sich bereits in dieser Zeit anbahnt und festigt. Die so große Bedeutung der europäischen Einigung im 20. Jahrhundert lässt sich im Spiegel der Flickenteppiche (deutsche Fürstentümer) und der Großmachtkonstellationen im 18. Jahrhundert überaus plastisch ermessen. Auch deshalb sind mir die drei Geschichtskarten hier in der Wissensreise und die Aufgabe, die Reisewege Mozarts genauer zu untersuchen, so wichtig.
Jürgen Fischer, Kassel im Mozartjahr 2006