A b d u k t i o n ..- ..Detektivische Methode
Holmes beobachtet, sammelt Indizien, vermutet. Er prüft, wägt ab, ist bereit, kuriose und auch eventuell falsche Denkwege einzugehen. Das schadet dem Verfahren nicht, im Gegenteil.
Für die detektivische Methode zentral ist dann das Ein- und Ausschließen:
Welche Daten beziehe ich (explizit !) in die Lösungssuche ein?
Anleitung zur Detektivischen Methode - Das abgeknickte Streichholz
Frei nach einer Geschichte, mit der uns Dr. Watson die Brillanz des detektivischen Denkens erläutert, JF, 05/1997
"Wie haben Sie das gesehen?"
"Ich habe danach Ausschau gehalten!"
Das abgeknickte Streichholz
Sherlock Holmes erreicht den Tatort, sieht sich um und beginnt zunächst damit, die Umgebung zu betrachten. Er sammelt alle Gegenstände ein, die etwas mit der Tat zu tun haben könnten oder ungewöhnlich erscheinen. Auf einer kleinen Skizze zeichnet er den Weg, den Gartenzaun und die drei Linden, fünfzig Meter vom Tatort entfernt, ein. Schließlich befragt er noch verschiedene Personen, die Beobachtungen zur Tat und zum Tatort mitteilen wollen, etwas gesehen haben müssten, mit Tat oder Tatort in irgendeiner Beziehung stehen ...
Detektive haben immer Notizzettel dabei, um Hinweise und Auffälligkeiten zu notieren. Zusammen mit den Gegenständen vom Tatort werden alle diese Daten als Indizien gesammelt und im Büro erneut untersucht.
In einem Fall hatte Sherlock Holmes ein abgeknicktes Streichholz, irgendwo am Tatort gefunden, zunächst nur beiläufig in seine Jackentasche gesteckt. Es sollte später eine wichtige Rolle spielen:
Drei Tage nach dem Mord, bei der Befragung eines Verdächtigen in dessen Wohnung, erinnert sich Holmes an den Fund. Er klopft gerade die Tabakreste aus seiner Pfeife in einen Aschenbecher, der im Salon auf dem Tisch steht, hält inne, stutzt. Zusammen mit Zigarettenresten, Asche und Kippen, liegen mehrere angebrochene Streichhölzer im Gefäß, Hölzer mit intaktem roten Kopf und mit abgebranntem Zündteil. Alle Stücke sind in der gleichen Art und Weise abgeknickt wie das am Tatort gefundene Streichholz, die Bruchstelle befindet sich immer im unteren Drittel des Holzstücks.
Der Meisterdetektiv bespricht sich am Abend mit seinem langjährigen Mitarbeiter Dr. Watson. Selbstverständlich lässt das abgeknickte Streichholz nur die Vermutung zu, dass der Verdächtige am Tatort war. Beide betrachten die zahlreichen Indizien, die sie gestern Abend an der Pinwand hinter dem großen Schreibtisch befestigt hatten. Watson schaut auf die vielen Einzelstücke, zeigt auf die Skizze und fragt:
"Was bedeuten diese drei Pfähle hier auf dem Zettel?"
"Das sind drei Buchen, Mr. Watson! Mir kam es auf die Lage der Bäume an, nicht auf die genaue Wiedergabe der Pflanzenart!"
"Ist schon gut, also Bäume, ihre Faustskizzen sind halt immer etwas eigenartig und sagen mehr aus, als zunächst zu erkennen ist, ich weiß schon!"
"Watson, halt, sie bringen mich auf eine Idee. Die Bäume, alter Bestand, also breit genug sind die Stämme schon, ein ideales Versteck für einen Mörder. Dort haben wir gar nicht nach Indizien gesucht."
"Sie, Mr. Holmes, Sie haben nicht danach gesucht, aber ich komme schon mit!"
Eine Stunde später leuchten Holmes und Watson mit einer Karbitlampe den Boden rings um die Bäume ab. Und tatsächlich, sie finden mehrere Zigarettenkippen, die gleiche Marke wie im Aschenbecher und einige im unteren Drittel angebrochene Streichhölzer, teilweise mit intaktem roten Zündkopf, teilweise benutzt.
Wieder im Büro angekommen, beginnt das Detektivteam damit, die Indizien erneut zu ordnen und eine Beweislinie anzulegen. In der Unordnung der vielen Indizien entdecken sie mit einem Mal Verbindungslinien. Einige bislang unbeachtete Stücke passen sehr gut zum Verdächtigen. Holmes und Watson stecken die Indizien auf der Pinwand neu zusammen und betrachten ihr Ergebnis.
"Übrigens Mr. Holmes, die Buchen sind Linden, nur so ganz nebenbei!"
...
Abduktion
Sherlock Holmes im Dialog mit Dr. Watson.