"Spazieren gehen" ist im 18. Jahrhundert offensichtlich mit der fürstlichen Gartenkultur verknüpft. Die neu gestalteten Lustgärten dienen dem Amüsement des Adels, sind Statussymbol des wohlhabenden Regenten, und sie verweisen zugleich auf dessen Aufgeschlossenheit und Innovationsfreude.
Aber, ist wirklich nur das die "gültige" Interpretationsreihe? Ist allein diese quellenmäßig belegt? In der Fragestellung "Wer geht (eigentlich) Spazieren" kommen andere Bezugspunkte in den Blick.
In Kassel suchen um 1800 den Bergpark und die Karls-Aue immer wieder gut situierte Reisende und Besucher auf, sie sind willkommen, denn Besichtigungen der gestalteten Natur sind "angesagt" und diese Personen berichten in Journalen und in der Reiseliteratur! In Adelskreisen und im gebildeten Bürgertum werden die Schriften zur Gartenkunst in der privaten Bibliothek gezeigt und in Lesezirkeln besprochen. Die Gartengestaltung ist Gesprächsstoff der Gebildeten, man "ergeht" sich im Park.
Für die Spaziergänge wird eine Anmeldung verlangt, man wird eingetragen. Zur Anlage gehören deshalb die Park-Wächter-Häuschen, oft übernehmen ausgediente Soldaten die Aufsicht, viele stammen aus Regimentern mit Söldnern aus der Schweiz, deshalb z. B. die Bezeichnung Schweizerhaus.