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Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen.
Leipzig, 1802. Deutsches Textarchiv. Auszug aus Kapitel 2, S. 40ff, neu formatiert

Das Spatzierengehn iſt nicht bloße Bewegung des Koͤrpers.

Luſtwandeln iſt nicht bloß phyſiſche Bewegung des Koͤrpers, wobey der Geiſt ganz unthaͤtig waͤre. Es verloͤre allen ſeinen Reitz, wenn man ſich den Luſtwandler nur
als eine ſich bewegende Maſchine daͤchte, deren Geiſt ſich, waͤhrend der Bewegung
des Koͤrpers, zur Ruhe begeben haͤtte. Kein gemeiner Menſch, der ſeinen Geiſt nicht kultivirt, fuͤhrt das Beduͤrfniß darnach, und es wuͤrde ihm zur Laſt.

Der Grund davon iſt ſehr klar. Um von den Reitzen des Luſtwandelns geruͤhrt zu
werden und ein Geiſtesbeduͤrfniß darnach zu gewinnen, bedarf man eines Grades
von Bildung, eines Kreiſes von Ideen, die nicht jedermann beſitzt; und ſehr natuͤrlich kann daher ein gemeiner Tagloͤhner nicht das angenehme Vergnuͤgen eines
Spatzierganges empfinden. Jn dieſe Klaſſe gehoͤrt aber auch der ganze Haufe
unempfindlicher Menſchen, deren Geiſt nichts in Bewegung ſetzt noch ruͤhrt, und
die dasjenige nur mechaniſch thun, was bey gebildeten Menſchen ein geiſtiges Be-
duͤrfniß erzeugt.
...

In dem Kreiſe des Luſtwandelns muß die Aufmerkſamkeit des Geiſtes nicht geſpannt; ſie muß mehr ein angenehmes Spiel als Ernſt ſeyn. Sie muß uͤber den Gegenſtaͤnden nur gleichſam leicht ſchweben, muß von den aͤußern Gegenſtaͤnden mehr angeregt, als von dem Geiſte ihnen aufgedrungen werden. Mit offener Empfaͤnglichkeit muß der Geiſt die Eindruͤcke der ihn umgebenden Dinge mehr ruhig aufnehmen, als leidenſchaftlich ſich uͤber etwas erhitzen, muß ſich mit heiterer Beſonnenheit ihrem Strom mehr willig uͤberlaſſen, als mit zu ſtark zuruͤckwirkender Selbſtthaͤtigkeit, in ſeine eigenen Ideen
verloren, ſich ihnen entziehn.

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> Allerlei aus ...
> Verordnung von 1743
> Schminke 1767
> Engelhard 1778
> Student an Eltern 1793

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